Was tun, wenn Studierende resignieren?

Kennen Sie das: Einzelne Studierende haben große Verständnisschwierigkeiten und wirken resigniert? Wenn ja, wie gehen Sie mit diesen Studierenden um?
Als Anregung finden Sie im Folgenden theoretisch und wissenschaftlich fundierte Erklärungen und Erfahrungen aus der TUHH.

Wie kann Resignation entstehen?

Vielfältige Faktoren können dazu beitragen, dass Studierende sich „abgehängt“ fühlen. Beispielweise gibt es einen großen Unterschied im fachlichen Anspruch der Schul- und Universitätsmathematik. Einigen Studierenden geht die Stoffvermittlung in der Vorlesung zu schnell. Sie schreiben nur ab, ohne die Inhalte dabei nachvollziehen zu können. Andere können zwar den Erklärungen folgen, haben aber große Schwierigkeiten Aufgaben im Anschluss eigenständig zu bearbeiten (illusion of explanatory understanding, Rozenblit & Keil, 2002). Vielleicht vergleichen sie sich zusätzlich mit besonders engagierten Kommilitonen/-innen. Wenn sich diese und andere frustrierende Erfahrungen wiederholen, besteht die Gefahr, dass Studierende „lernen“ sie seien „hilflos“ („erlernte Hilflosigkeit“, Seligmann, 1979). Um weitere Frustrationserfahrungen zu vermeiden, setzen sie sich nicht mehr mit den Hausaufgaben auseinander und bleiben den Lehrveranstaltungen fern. Dadurch entstehen Lücken, die nur schwer aufzuholen sind. Solche Motivations- und Leistungsprobleme können neben weiteren Faktoren Gründe für einen Studienabbruch sein (Klöpping et al., 2017).
Sicherlich gibt es Studierende, für die ein Abbruch die richtige Entscheidung sein kann. Allerdings gibt es auch viele, denen die folgenden Maßnahmen helfen können, den Anschluss und Spaß wiederzufinden bzw. beides gar nicht erst zu verlieren.

Wie kann der Teufelskreis der „erlernten Hilflosigkeit“ durchbrochen werden?

„Erlernte Hilflosigkeit“ ist gut untersucht und tritt gerade beim Mathematiklernen häufig auf (Biber & Biber, 2014). Das Problem ist, dass es Menschen, die sich in diesem Teufelskreis befinden, zunehmend schwerer fällt, eigene Handlungsoptionen zu erkennen. Daher ist das Ziel, dass sie die Erfahrung machen, durch eigene Handlungen (Lernstrategien, Anstrengung…) doch etwas erreichen und somit den Teufelskreis durchbrechen zu können.

Wie können Sie als Lehrperson unterstützen?

Selbstverständlich sind die Studierenden für ihr Studium selbst verantwortlich. Als Lehrperson können Sie die Studierenden jedoch in ihrem Prozess des eigenverantwortlichen Bewältigens von (fachlichen) Herausforderungen unterstützend begleiten. Wenn Sie merken, dass Studierende zu resignieren beginnen, ist es hilfreich, das Thema oder die Aufgabe nach Möglichkeit zu untergliedern, so dass Teilziele nach und nach erreicht werden können. Dies ermöglicht kleine, aber wichtige Erfolgserlebnisse mit großem Motivationspotential.
Können Studierende bei der Beantwortung von Verständnisfragen auf ein geduldiges Gegenüber vertrauen, stärkt dies die Lernbereitschaft.

Falls Sie selbst auch Erfahrungen mit Verständnisschwierigkeiten und vielleicht Frustration hatten, können Sie davon berichten und dabei auf die Strategien eingehen, die Ihnen damals geholfen haben (z. B. Sprechstunde, Lerngruppe, bestimmtes Buch, gewisse Art zu üben, Gesetzmäßigkeit bestimmter Aufgaben erkennen und anwenden).

Außerdem wirkt ein persönliches Signal positiv. Äußern Sie beispielsweise den Glauben an die Fähigkeiten des/der Studenten/-in (wenn es authentisch ist). Sollte der/die Student/in generalisierte Aussagen treffen, wie “Ich kann das nicht.“, könnte eine kleine Umformulierung von Ihnen, z. B. „Sie können das NOCH nicht.“ schon die Wirkung des Satzes und Denkweise konstruktiv beeinflussen. Bei erhöhtem Frustrationsgrad kann auch ein Gedankenexperiment für Studierende aufschlussreich sein. Auf die Frage, ob der oder die Studierende Einfluss darauf hätte, die eigene Situation noch zu verschlimmern, fällt den Befragten zumeist einiges ein. Hier kann dann gut veranschaulicht werden, dass ein negativer Einfluss in einen positiven umgewandelt werden kann, z. B. durch die Anwendung der gegensätzlichen Strategie. Für diese Art der Unterstützung können Sie auch auf das Angebot der Zentralen Studienberatung verweisen.

Erfolgsgeschichten

In meinen mittlerweile sechs Jahren an der TUHH habe ich viele Erfolgsgeschichten von Studierenden- und Lehrendenseite gehört. Immer wieder berichten Lehrende, dass Studierende, die zunächst nur wenig verstanden hatten, sie z. B. nach ein paar Anregungen und Ermutigungen mit guten Leistungen überrascht haben. Ebenso erzählen mir regelmäßig Studierende, wie sehr ihnen Lehrende geholfen haben, als sie schon davon ausgingen, dass sie abbrechen würden. So nannte mir meine studentische Mitarbeiterin als ich das Thema anschnitt, direkt einen Lehrenden, der sich in seiner Sprechstunde mit viel Geduld ihren Fragen gewidmet und letztlich zum erfolgreichen Bestehen ihres Drittversuchs beigetragen hat.

Die TUHH verfügt über viele engagierte Lehrende und wir am ZLL freuen uns, Sie zu begleiten und weiterzuqualifizieren.
Sie haben eine andere Perspektive bzw. einen anderen Umgang mit resignierenden Studierenden? Dann schreiben Sie mir. Ich freue mich über weitere Anregungen.

Quellen

Biber, M. & Biber, S., K. (2014). Investigation of the Level of Prospective Teachers’ Learned Helplessness in Mathematics in Relation of Various Variables. Procedia – Social and Behavioral Sciences, 116: 3484-3488. http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1877042814008052 [Zugriff am 16.01.2018]

Klöpping, S.; Scherfer, M.; Gokus, S.; Dachsberger, S.; Krieg, A.; Wolter, A.; Bruder, R.; Ressel, W. & Umbach, E. (Hrsg.). (2017). Studienabbruch in den Ingenieurwissenschaften: Empirische Analyse und Best Practices zum Studienerfolg. Die Reihe acatech STUDIE, 1-62.

Rozenblit, L. & Keil, F. (2002). The misunderstood limits of folk science: An illusion of explanatory depth. Cognitive Science, 26(5). 521-562.

Seligmann, M. E. P. (1979). Erlernte Hilflosigkeit. München: Urban & Schwarzenberg.

Weitere Themen in der Reihe “Was tun, wenn …”

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