Internationaler Austausch zum Schreiben an der Hochschule: der Kongress der European Writing Center Association (EWCA)
Schreiben spielt im Universitätsalltag seit jeher eine wesentliche Rolle. Ohne das Schreiben gäbe es keine fortschreitende Wissenschaft. Denn Wissenschaft lebt davon, dass wir an Erkenntnisse anderer anknüpfen können, die vor uns geforscht und ihre Ergebnisse schriftlich dokumentiert und veröffentlicht haben. Da Schreib- und Lesekompetenzen für Studium und Beruf fächerübergreifend zentrale Fähigkeiten abbilden, werden sie zunehmend zum Thema in universitärer Forschung und Lehre. Eine Möglichkeit zum Austausch über schreibdidaktische Themen und Schreibforschungsprojekte bot vom 19.-22. Juli 2014 die Konferenz der European Writing Center Association (EWCA), eine der größten internationalen Tagungen auf dem Gebiet der Schreibdidaktik und Schreibforschung an Hochschulen. Im Rahmen der zweijährig stattfindenden Konferenz trafen sich an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt an der Oder Forschende, Didaktiker_innen, Lehrende und Schreibberater_innen aus dem gesamten europäischen Raum, aus den USA sowie weiteren nicht-europäischen Staaten, um über neue Erkenntnisse des wissenschaftlichen Schreibens an Hochschulen zu referierenund innovative didaktische Umsetzungen sowie methodische Ansätze der wissenschaftlichen Erkenntnisse zu diskutieren.
20 Jahre Schreibdidaktik und Schreibforschung in Deutschland
In einer einleitenden Keynote blickte Swantje Lahm vom Schreiblabor der Universität Bielefeld auf 20 Jahre Schreibdidaktik und Schreibforschung an deutschen Hochschulen zurück. Im Jahr 1993 wurde die erste Institution im deutschsprachigen Raum, die sich der Didaktik des akademischen Schreibens widmet, eröffnet: das Schreiblabor in Bielefeld. Die stetig steigende Anzahl von Schreibzentren und Projekten zum akademischen Schreiben zeigt zugleich das große Interesse sowie den hohen Bedarf an der Vermittlung und Erforschung akademischer Schreibkompetenz. Die Entwicklung und Etablierung schreibdidaktischer Institutionen und Maßnahmen erfüllt Bedarfe und bietet viele Potenziale. Gleichzeitig sieht sie sich jedoch vor Herausforderungen und Schwierigkeiten gestellt: zum Beispiel vor ein diffuses Verständnis von Schreibdidaktik bei Lehrenden, das Schreibzentrumsarbeit auf Rechtschreibkorrektur reduziert („Es war auch dringend notwendig, dass sich jemand der vielen Rechtschreibfehler der Studierenden annimmt!“) sowie – für den universitären Kontext nicht wirklich überraschend – vor die fehlende Verstetigung vieler Schreibzentren, die häufig als zeitlich befristete Projektmaßnahmen ins Leben gerufen wurden. In der interaktiv gestalteten Keynote wurden unter den versammelten Schreibdidaktiker_innen und -forscher_innen allerdings schnell Überzeugungskraft sowie Engagement für eine institutionelle Anbindung der Schreibdidaktik deutlich, die auf einen weiterhin positiven Trend hinsichtlich schreibdidaktischer Maßnahmen hoffen lassen.
Großes Interesse an Online-Schreibberatung
An der Diskussion didaktischer Erkenntnisse war auch das ZLL (Nadine Stahlberg), gemeinsam mit der Universität Göttingen (Julia Schmidt), mit einer Präsentation zur Ausbildung von Online-Schreibberater_innen beteiligt. Vorgestellt wurde eine Studie zur Online-Schreibberatung, die im Schreibzentrum der Universität Göttingen durchgeführt wurde, sowie die aus der Studie gezogenen Schlussfolgerungen für die Schreibberaterausbildung. Die Ausbildung zum Schreibberater soll ein Modul zur Online-Beratung umfassen, das die angehenden Berater_innen darin schult, Online-Beratungen vorzubereiten und durchzuführen sowie mit Schwierigkeiten und Konflikten in der Online-Beratung umzugehen. Die Studie bringt einige entscheidende Unterschiede zur Face-to-face-Beratung ans Licht, die Einfluss auf die Gestaltung des Beratungsgesprächs sowie Vor- und Nachbereitung haben (u.a. längere Dauer, um Beratungsanliegen zu klären; veränderte Kommunikationsstrategien durch fehlende nonverbale Signale, d.h. mehr Metakommunikation, explizites Erklären, was gemacht wird und worüber gesprochen wird; technischen Support leisten…). Daher ist es wichtig, angehende Schreibberater_innen explizit zur Online-Beratung anzuleiten.
Die rege Diskussion und das große Interesse am Austausch im Anschluss an die Präsentation bestätigten uns, wie relevant das Thema der Online-Kommunikation ist. Dies betrifft sowohl die Beratung sowie sämtliche Lehr-/Lernszenarien, in denen der Einsatz von Online-Kommunikationsformen sinnvoll erscheint (vgl. Sie unsere Workshops auf Anfrage. Fragen Sie nach unserem Workshop “Online Kommunikation und Kollaboration”).
Die diesjährige EWCA bot wieder einmal einen inspirierenden Austausch sowie anregende Diskussionen. Wir freuen uns schon auf 2016!