Die Empirie zeigt es: Auf die soziale Interaktion in der Lehre kommt es an!

Welche Faktoren hängen am stärksten mit der Leistung von Studierenden zusammen? Eine systematische Zusammenfassung der vorhandenen Ergebnisse zu dieser Frage publizierten die Trierer Professor/innen Michael Schneider und Franzis Preckel in ihrer Studie „Variables Associated with Achievement in Higher Education: A Systematic Review of Meta-Analyses” in diesem Jahr. Ihre Studie beruht auf 38 Metaanalysen, welche 3.330 Effektstärken und Daten von fast 2 Millionen Studierenden beinhalten.

In drei ZLL Veranstaltungen diskutierten 50 TUHH-Mitarbeiter/innen die Studienergebnisse. Vertreten waren neben Lehrenden auch ContinuING, die Fachdidaktik der Ingenieurwissenschaften, der Präsidialbereich, der Servicebereich Lehre und Studium, Studierende und das Zentrum für Lehre und Lernen.

Die Erkenntnisse der Studie sind ebenso trivial wie bedeutsam.

Welches Lehrverhalten hängt mit der Studierendenleistung zusammen?

Zu den Faktoren zählen eine sorgfältige Vorbereitung und Organisation der Lehre mit transparenten Lernzielen und eine verständliche – das Interesse der Studierenden fördernde – Kommunikation.

Ferner zeigt sich, dass insb. Faktoren der sozialen Interaktion stark mit der Leistung der Studierenden assoziiert sind, wie z. B. ihre Aktivierung durch offene Fragen, Diskussionen und Kleingruppenarbeit.
Technologieeinsatz kann die offenbar lernförderliche Interaktion in Präsenzveranstaltungen nicht ersetzen und sollte den Autor/innen zufolge nur als Ergänzung eingesetzt werden.

Welche studentischen Variablen stehen mit ihrer Leistung in Zusammenhang?

Der Glauben an die eigene Leistungsfähigkeit (Selbstwirksamkeitserwartung) ist die am stärksten mit Leistung assoziierte studentische Variable. Die Selbstwirksamkeitserwartung kann jedoch auch von Lehrenden positiv beeinflusst werden, z. B. indem sie durch das Stellen von Aufgaben, die den Fähigkeiten der Studierenden entsprechen, Erfolgserlebnisse ermöglichen (und sie damit ermutigen).
Außerdem ist es sinnvoll, wenn Lehrende Studierende dazu aufrufen, regelmäßig anwesend zu sein, da dies ebenfalls mit besseren Leistungen einhergeht.
Weitere Faktoren, die im Zusammenhang mit der Leistung stehen, sind Intelligenz, bisherige Leistungen und Gewissenhaftigkeit.

Bereichsübergreifende Diskussion der Ergebnisse und Schlussfolgerungen

In den ZLL Veranstaltungen wurden sowohl kritische Aspekte als auch Schlussfolgerungen für die eigene Arbeit diskutiert. Zu den kritischen Punkten zählen u. a. die große Abhängigkeit der Ergebnisse von der untersuchten Art der Leistung (Testergebnis, Note etc.). Ferner stellt sich die Frage, warum der elterliche Bildungsgrad und der Migrationshintergrund nicht erwähnt wurden, die sich in anderen Studien als einflussreich gezeigt hatten (z. B. OECD, 2014; Klöpping et al., 2017).
Geschlussfolgert wurde, dass es wichtig ist, Zeit und Anreize für eine durchdachte Lehrvorbereitung zu schaffen und Lehre in kleinen Gruppen zu ermöglichen.

Was können Lehrende mit relativ geringem Aufwand umsetzen?

Neben diesen strukturellen Aspekten leiten die Autor/innen aus den Studienergebnissen u. a. diese niedrigschwelligeren Empfehlungen für Lehrende ab:

  • Lernziele („Was sollen die Studierenden nach Besuch der Veranstaltung können?“) und Relevanz der Veranstaltungsinhalte („Was haben die Inhalte im Hinblick auf ihre Ziele und Erfahrungen mit dem Leben der Studierenden zu tun?“) transparent zu kommunizieren
  • wenige Schlüsselbegriffe oder Abbildungen auf Präsentationen anstelle von (Halb-)Sätzen aufzuführen
  • Studierende durch offene, herausfordernde Fragen zu aktivieren

Weiterqualifizierung für Lehrende

Aufgrund der bisherigen Forschung zur Wirkung von hochschuldidaktischen Weiterqualifizierungsmaßnahmen schätzen Herr Prof. Schneider und Frau Prof. Preckel diese als erfolgsversprechend ein.
Unser aktuelles Workshopprogramm, in das diese und weitere Forschungsergebnisse einfließen, finden Sie hier. In Workshops wie „Gruppenarbeit gestalten“ oder „Problembasiertes Lernen“ wird in besonderem Maße auf den Faktor eingegangen, der für den Lernerfolg offenbar entscheidend ist: die soziale Interaktion.


Fußnoten

(1) Die neusten Entwicklungen in der mediengestützten Lehre sind im Review, das nur Metaanalysen einschließt, die bis 2014 publiziert wurden, nicht berücksichtigt.

(2) Lehre in kleinen Gruppen wird an der TUHH oft im Rahmen von studentisch geleiteten Übungen durchgeführt. Dieses Veranstaltungsformat wird von TUHH Studierenden überdurchschnittlich positiv bewertet – auch im Vergleich zu anderen Hochschulen (Heine et al., 2014; Willige, Woisch, Grützmacher & Naumann, 2015a; Willige, Woisch, Grützmacher & Naumann, 2015b).

(3) Das Video zum letzten Vortrag finden Sie hier.

Quellen

Albiser, E. &  Wittenberg, D., (2014). Bildung auf einen Blick: OECD-Indikatoren.

Heine, C.; Willige, J.; Woisch, A.; Ortenburger, A.; Isleib, S.; Becker, K. & Naumann, H. (2014). Randauszählung Studienqualitätsmonitor 2013, Technische Universität Hamburg-Harburg, Online-Befragung Studierender im Sommersemester 2013, DZHW – Deutsches Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung.

Klöpping, S.; Scherfer, M.; Gokus, S.; Dachsberger, S.; Krieg, A.; Wolter, A.; Bruder, R.; Ressel, W. & Umbach, E. (Hrsg.). (2017). Studienabbruch in den Ingenieurwissenschaften Empirische Analyse und Best Practices zum Studienerfolg. Die Reihe acatech STUDIE, 1-62.

OECD (2014), Bildung auf einen Blick 2014: OECD-Indikatoren. W. Bertelsmann Verlag: Bielefeld.

Schneider, M., & Preckel, F. (2017). Variables associated with achievement in higher education: A systematic review of meta-analyses. Psychological Bulletin, 143(6), 565–600.

Willige, J.; Woisch, A.; Grützmacher, J. & Naumann, H. (2015a). Randauszählung Studienqualitätsmonitor 2014, Technische Universität Hamburg-Harburg, Online-Befragung Studierender im Sommersemester 2014, DZHW – Deutsches Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung.

Willige, J.; Woisch, A.; Grützmacher, J. & Naumann, H. (2015b). Randauszählung Studienqualitätsmonitor 2015, Technische Universität Hamburg-Harburg, Online-Befragung Studierender im Sommersemester 2015, DZHW – Deutsches Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung.

Ein Gedanke zu „Die Empirie zeigt es: Auf die soziale Interaktion in der Lehre kommt es an!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert