Bachelorarbeit zur Validität eines didaktischen Messinstruments
Wenn wir eine Veränderung von Zustandsgrößen, wie zum Beispiel Temperatur, Spannung oder Druck, messen wollen, so muss diese Zustandsgröße sowohl vor als auch nach der Veränderung erfasst werden. Dasselbe gilt für kognitive Zustandsgrößen, wie zum Beispiel Kompetenz, Fachwissen und Verständnis. Mit der Prüfung am Ende des Semesters wird jedoch nur der finale Zustand gemessen, nicht der Prozess der Veränderung. Das ist auch in Ordnung, denn ob die geprüften Fähigkeiten zu Beginn des Semesters bereits vorhanden waren, oder erst im Laufe der Veranstaltung erlernt wurden, spielt hier keine Rolle. Für die Beforschung der Wirksamkeit von Lehre steht jedoch der Prozess im Vordergrund, wodurch eine Nullmessung zu Beginn nötig wird.
Im Idealfall sollte natürlich dasselbe Messinstrument für beide Messungen verwendet werden. Im technischen Umfeld ist das selten ein Problem. Im didaktischen Kontext ist es jedoch äußerst schwierig Testinstrumente zu finden, die sowohl am Ende das neu erlernte Fachwissen oder Verständnis abfragen können, als auch zu Beginn für die Studierenden verständlich sind. Ein Test, dessen Aufgabenstellung nicht verstanden wird, misst nicht das, was er messen soll, ist also nicht valide.
Die Abteilung für Fachdidaktik der Ingenieurwissenschaften unter der Leitung von Prof. Christian Kautz setzt seit mehreren Jahren Diagnostiktests zu Beginn und zum Ende der Mechanik 1 ein. Bisher wurde aufgrund der Annahme, dass Studierende zu Beginn ihres Studiums die Aufgabenstellung des Ausgangstests nicht verstehen, ein unterschiedlicher Test als Eingangstest eingesetzt.
Charlotte Geier hat nun im Rahmen ihrer Bachelorarbeit untersucht, ob Studierende vor Besuch der Mechanik 1 den Test, der zum Ende des Semesters gestellt wird, tatsächlich verstehen können oder nicht. Dazu hat sie 12 Studierende vor der ersten Vorlesungswoche interviewt und ihnen ausgewählte Aufgaben aus dem Test vorgelegt. So konnte sie zum Beispiel nachweisen, dass sowohl Probleme beim Verständnis einzelner Begriffe (z. B. “Moment”, “Freischneiden”) als auch von Zusammenhängen (z. B. Kraft und Bewegung) bestehen. Ihrer Interpretation nach besteht jedoch auch die Möglichkeit den untersuchten Test leicht anzupassen, um ihn für beide Messungen valide zu machen. Ein solcher Test müsste nach der Umsetzung der von Geier vorgeschlagenen Änderungen jedoch zunächst ausgiebig getestet werden.
Charlotte Geier studiert General Engineering Science in der Vertiefungsrichtung Theoretischer Maschinenbau. Zur Zeit arbeitet sie zudem als Tutorin im Learning Center. Mit ihrer Arbeit in der Fachdidaktik wollte sie den Blick über den sprichwörtlichen Tellerrand der klassischen Ingenieurausbildung werfen.